Sitzung: 06.10.2020 GR/008/XV.WP
Vorlage: Ö/0104/XV.WP
Einführung und Sachvortrag: Erste Bürgermeisterin Frau Dr. Kössinger
Wortmeldung: GRin Köhler, GRin Beyzer,
GR Deschler
begründet den Antrag. Er führt aus, dass mit dem Antrag verfolgt wird,
bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Herr Geissler
erläutert, dass in den Gebäuden des Kath. Siedlungswerks an der Danziger Straße
derzeit 67 Personen wohnen. Dort stehen ca. 35 qm Wohnfläche pro Person zur
Verfügung. Frau Heckl erklärt, dass gegenwärtig 229 Wohnungsgesuche bei der
Verwaltung vorliegen davon Großteiles 1-2-Personen-Haushalte.
GR Dr. Sklarek
äußert, dass nach seiner Auffassung ein Lebensmittel-Vollsortimenter am
Buchendorfer Berg benötigt wird; auf dem ehemaligen AOA-Gelände würde ein
Discounter besser passen. Herr Popien warnt, dass ein Discounter aller
Erfahrung nach an den Standort AOA sehr viel mehr Verkehr anziehen würde als
ein Vollsortimenter. Es würde mit einem Discounter an diesem Standort die
Chance für eine wohnortnahe Versorgung mit einer Reduzierung des motorisierten
Individualverkehrs vertan. GR Moser äußert, das die Qualitäten der vom Büro H2R
erarbeiteten Planung gesehen, werden allerdings seien die Verkehrsauswirkungen
enorm. Daher sollten Begrenzungen diskutiert werden. Auch seien durch die
Corona-Pandemie fundamentale Auswirkungen in der Arbeitswelt eingetreten, daher
sollte darauf mit Einrichtung von Räumlichkeiten für Co-workingspaces reagiert
werden. GR Ruhbaum äußert, dass die Bewertung von Herrn Popien hinsichtlich der
Ansiedlung eines Vollsortimenters zu einseitig ist, da auch der östliche Teil
der Kerngemeinde Gauting betrachtet werden müsse. Herr Popien erwidert, dass im
östlichen Teil von Gauting keine Flächen für einen Vollsortimenter vorhanden
sind.
Herr Beisse
erläutert, dass im Gegensatz zu einem Angebots-Bebauungsplan der vorhabenbezogene
Bebauungsplan nicht an die rechtlichen Rahmenbedingungen des § 9 BauGB und der
BauNVO gebunden ist (vgl. § 12 Abs. 3 S. 2 BauGB). Zur Absicherung der
Zielsetzungen ist beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan begleitend ein
Durchführungsvertrag abzuschließen (§ 12 Abs. 1 S. 1 BauGB). Bei Festsetzung
eines Mischgebiets ist zu berücksichtigen, dass Wohnen und Gewerbe in einem
ausgewogenen Verhältnis, idealerweise von 50:50, vorhanden sein müssen; bei
weniger als 30 % einer der beiden Nutzungen kippt das Mischgebiet in die eine
oder andere Richtung. Er erläutert weiter, dass auch bei Etablierung von
sogenanntem stillem Gewerbe eine Trennung von Gewerbe zu Wohnnutzung
stattfinden muss. Die Zweckbestimmung des § 8 Abs. 1 BauNVO für Gewerbegebiete darf
durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht verlassen werden, um keinen
„Etikettenschwindel“ zu erzeugen. Da auch stilles Gewerbe eine Ausprägung von
Gewerbenutzung darstellt, gilt der Trennungsgrundsatz nach § 50 BImSchG auch
hierfür. Nach Wortmeldung von GRin Köhler führt Herr Beisse weiter aus, dass
die Kategorie „urbanes Wohnen“ (§ 6a BauNVO) aufgrund einer Reihe von in der
Praxis fehlgeleiteter Mischgebiete erst 2018 in die BauNVO aufgenommen worden
ist. Es ist noch fraglich, ob der in § 6a BauNVO für das urbane Gebiet
aufgeführte Nutzungsmix mit allen genannten Nutzungen, wie in der
Zielbestimmung des § 6a Abs. 1 BauNVO aufgeführt, für das betreffende Gebiet
vorhanden sein muss. Für die Einschränkung des Einzelhandels wäre hier bei
Festsetzung eines urbanen Gebiets im Übrigen eine besondere städtebauliche
Rechtfertigung dafür erforderlich, dass der Einzelhandel im urbanen Gebiet eine
noch geringere Fläche als im benachbarten allgemeinen Wohngebiet haben soll.
GR B. Kössinger
bittet Herrn Winkelkötter um Stellungnahme, wie groß aktuell die Nachfrage nach
Büronutzung in Gauting ist. Herr Winkelkötter erläutert, dass seit
Auftreten der Corona-Pandemie eine starke Nachfrage Gewerbeflächen zu
verzeichnen ist, davon beziehen sich ca. 90 Prozent der Nachfrage auf
Unternehmen, die die Büroflächen mit zusätzlichen Lagerkapazitäten suchen. Die
weitere Entwicklung auf dem Büro-Markt sei ungewiss; vermutlich werde sich das
Homeoffice-Segment stärker entwickeln. Es sei also ein gewisser Bedarf
vorhanden, jedoch nicht in einer Größenordnung von mehreren tausend
Quadratmetern. GR Dr. Sklarek fragt, ob in Gauting der Bedarf an einem größeren
Küchenstudio in Gauting gegeben ist. Herr Winkelkötter antwortet, dass für
derartige Nutzungen nur in begrenztem Umfang Nachfrage vorhanden ist. GRin
Hundesrügge äußert, dass das AOA-Areal ein Gewerbestandort ist, der ihrer
Auffassung nach verträglich ist. Herr Beisse erklärt, dass ein Küchenstudio
rechtlich kein „stilles“ Gewerbe ist. In einem Bebauungsplan könne zudem nicht
festgesetzt werden, wann für eine derartige Nutzung
Anlieferungen
stattfinden. Daneben sei zu bedenken, dass dabei häufig Schau-Sonntage
stattfinden, die zu entsprechendem Verkehrsaufkommen führen. Frau Picha-Rank
erläutert, dass die Verkehrsuntersuchung des Büros Obermeyer auf der Grundlage
einer Ansiedlung eines Vollsortimenters auf dem AOA-Gelände durchgeführt worden
ist. Nach ihren Erfahrungen wird bei Ansiedlung von allgemeinem Gewerbe an
diesem Standort ein höheres Verkehrsaufkommen von außerhalb Gautings generiert
als durch einen Vollsortimenter. Ebenso ist bei einer Büronutzung dort von
einem stärkeren Verkehrsaufkommen und auch von höherem Kundenverkehr von
außerhalb auszugehen.
GRin Köhler schlägt
vor, auf dem AOA-Gelände ein open work-space einzuplanen. Herr Blauhöfer
erklärt, dass derzeit eine für die Grundstückseigentümer umsetzbare Lösung auf
dem Gesamtareal vorliegt. Jetzt eingebrachte neue Vorstellungen zur
städtebaulichen Entwicklung würden dazu führen, dass die Planung wieder von
vorn beginnen würde. Innerhalb des vorliegenden städtebaulichen Konzepts wäre
auch ein Geschoss für co-working-Nutzungen denkbar. GRin Franke plädiert dafür,
Gewerbe und Wohnen im Ort zu erhalten, um den Individualverkehr zu verringern;
dies wäre beim AOA-Gelände gut möglich. GR Rindermann fragt, was passiert,
falls der Edeka Express am Hauptplatz geschlossen wird. Herr Popien führt aus,
dass nach Einschätzung von Ansprechpartnern bei Edeka dann ein stärkerer
Kundenbezug zum geplanten Edeka am Bahnhof eintreten wird.
GR Dr. Sklarek
stellt den Antrag zur Geschäftsordnung auf Beendigung der Rednerliste.
Die Erste
Bürgermeisterin stellt den Antrag vom GR Dr. Sklarek zur Abstimmung
Es ergeht folgender
Beschluss: Die Rednerliste wird geschlossen.
Ja 28 : Nein 2
Der Gemeinderat
beschließt die Rednerliste zu schließen!
Die Erste
Bürgermeisterin erklärt, dass nach den Diskussionsbeiträgen zum AOA-Gelände nun
die Entwicklung des Geländes, das im Eigentum des Katholischen Siedlungswerks,
das Verbands Wohnen und der Gemeinde steht, Gegenstand der weiteren Beratung
sein soll. Es wird um Auskunft bezüglich der Belegungsrechte für die Gemeinde
in den durch das Katholische Siedlungswerk auf dem Areal geplanten Gebäuden
gebeten. Herr Geissler erklärt, dass hierzu noch nichts Näheres festgelegt ist.
Möglich wäre beispielsweise, dass 25 % der künftigen Gebäude im normalen
Wohnungsbau und 75 % im geförderten Wohnungsbau realisiert werden. Ein Teil der
Wohnungen wird dann zur Vergabe an Gautinger Bürger vorgesehen. Die Erste
Bürgermeisterin ergänzt, dass die Verwaltung wiederholt Anfragen etwa von
Kindergärtnerinnen erhält, die die Gemeinde dringend benötigt und die deshalb
von außerhalb nach Gauting ziehen wollen und hier eine bezahlbare Wohnung
benötigen. Herr Beisse erläutert, dass die Gemeinde Forderungen bezüglich von
ihr verfolgter sozialer Ziele nur für zusätzliches Wohnbaurecht stellen, das
also über das nach § 30 BauGB bzw. nach § 34 BauGB vorhandene Baurecht
hinausgeht – bei Forderungen, die das bestehende Baurecht einschränken, würde
es sich um einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht
handeln. GR Deschler fragt Herrn Vossen und Herrn Geissler, ob der Verband
Wohnen und das Katholische Siedlungswerk auch vom Baurecht aus dem bestehenden
Bebauungsplan Nr. 100/GAUTING Gebrauch machen würden und wie viele Wohnungen
sich aufgrund dieses Bebauungsplans realisieren ließen.
Herr Vossen führt
aus, dass sich für den Verband Wohnen dann etwa 60 bis 65 Wohnungen ergeben
würden, allerdings wäre dann auch die Hochgarage notwendig. Diese Lösung ist
seiner Auffassung nach städtebaulich nicht sinnvoll. Herr Geissler erklärt,
dass bei einer Hochgarage die Kosten je Pkw Stellplatz ca. 7.000 Euro betragen,
bei einer Tiefgarage dagegen ca. 25.000 Euro je Stellplatz. Dies bedeutet, dass
bei Anlegung einer Tiefgarage auf der Grundlage des neuen Planungskonzepts
letztlich etwa 2 Mio. Euro in das Quartier investiert würden. Eine Realisierung
der Bebauung auf Basis des alten Bebauungsplans sei zwar denkbar, dies wäre
jedoch eine städtebaulich schlechte Lösung. Herr Hebensperger-Hüther ergänzt,
dass bei dem Bebauungskonzept des alten Bebauungsplans dann Verkehr in das
künftige Quartier zur Hochgarage entlang der Wohnbebauung gezogen würde.
Darüber hinaus würde dann keine große öffentliche Grünfläche entstehen. Er
plädiert daher, für die Realisierung des von seinem Büro erarbeiteten
Bebauungskonzepts. GR Moser regt an, für das betrachtete Quartier ein
zukunftsfähiges Verkehrskonzept zu entwickeln, mit dem einer Reduzierung des
Pkw-Verkehrs verfolgt wird.
GR Vilgertshofer stellt den Antrag, die heutige Sitzung zu beenden und
die Beratungen und Entscheidungen auf einen neuen Sitzungstermin am 20.10. zu
vertagen.
Beschluss:
Die heutige Sitzung des Gemeinderats wird beendet. Die Beratungen und
die Entscheidungen zu den vorliegenden Anträgen werden auf die Fortsetzung der
heutigen Sitzung des Gemeinderats am 20.10.2020 verschoben.
Ja 26
: Nein 4
GR Brucker merkt noch an, dass durch das Projekt auf der Basis des jetzt
vorliegenden Bebauungskonzepts Verkehr angezogen werde. Das Vorhaben führe zu
entsprechenden Folgekosten für die Gemeinde bei der Beschaffung zusätzlicher
Plätze in Kindergärten und Schulen. Daher sei eine kleinere und verträglichere
Lösung nötig. Herr Hebensperger-Hüther erläutert hierzu, dass die
durchschnittliche Wohnungsgröße pro Person um die 45 qm liegen werde. Der für das
Quartier erforderliche Kindergarten werde zudem durch die DIEHL-Gruppe
finanziert werden. Darüber hinaus würde die Gemeinde auf Einnahmen von etwa
2 Mio. Euro verzichten, wenn sie entsprechend weniger Wohnfläche auf
ihrem Teilareal zuließe.
Die Erste Bürgermeisterin beendet die Sitzung um 23:05 Uhr und weist
darauf hin, dass
Die Fortführung der Sitzung am 20.10.2020 erfolgt.